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Wie wird man in Lima Rossini -Tenor?
Derkek Weber, Salzburger Nachrichten,  27 August 2002

Juan Diego Florez debütiert mit "La donna del lago" bei den Festspielen
und erzählt im SN-Gespräch von seinem Werdegang

Der Sommer 1996 hat das Leben des damals 23-jährigen Juan Diego Florez
so rasch verändert, dass er mit dem Denken gar nicht nachkam: Er war für
eine kleine Nebenrolle gekommen, sah die Rolle des Corradino in Rossinis
"Matilde di Shabran" vakant, lernte die mit Schwierigkeiten aller Arten
gespickte Partie in 14 Tagen und siegte auf allen Linien.

Bald danach debütierte Flo`rez an der Mailänder Scala unter Riccardo
Muti in Glucks "Armide". Dann folgten Auftritte in Genua, Triest, Wien
und Covent Garden. In den folgenden Jahren kehrte er immer wieder -
unter anderem für die wunderbare Ronconi-Inszenierung von "La
Cenerentola" - nach Pesaro zurück. Im nächsten Jahr wird er dort im
"Comte d'Ory" zu hören sein. Heuer feiert er seinen Salzburg-Einstand
mit der zweimaligen konzertanten Aufführung von Rossinis romantischester
Oper, "La donna del lago" (27. und 29. August im Kleinen Festspielhaus).

Die Karriere, sagt Flo`rez im SN-Gespräch, ging so rasch vonstatten,
dass er mit dem Denken kaum nachkam: "Ich habe die Dinge so genommen,
wie sie sich ergaben", erzählt der sympathische Sänger. "Ich habe mit 23
Jahren an der Scala gesungen. Natürlich habe ich gewusst, dass die Scala
ein wichtiges Opernhaus ist. Aber ich habe meinem eigenen Auftreten
keine besonders große Bedeutung zugemessen. Ich war jung und naiv und
habe einfach alles angenommen und gemacht, als sei es das
Selbstverständlichste von der Welt. Erst später habe ich dann begriffen,
was es für mich und meine Karriere bedeutete."

Nicht mit Europa zu vergleichen

Inzwischen hat der reine Rossini-Tor das seinem Status angemessene
Selbstbewusstsein erlangt: "Wäre es nicht Pesaro gewesen, dann hätte
meine Karriere wahrscheinlich anderswo angefangen. Vielleicht wäre alles
nicht so rasch gegangen, und vielleicht wäre ich dann erst 2006 nach
Salzburg gekommen."

Nun ist er aber einmal hier. Und es ist leicht zu erraten, wo er
hingeht: zu einer vielversprechenden Karriere. Aber wo kommt er her? Aus
Peru, einem Land, das man gemeinhin nicht mit Belcanto assoziiert, das
aber dennoch einen der berühmtesten Rossini-Tenöre unseres Jahrhunderts,
Luigi Alva, hervorgebracht hat, oder Ernesto Palacio oder Alessandro
Granda, den Lieblingstenor Pietro Mascagnis.

"Wenn ich sage, ich habe am Konservatorium von Lima studiert, so muss
ich hinzufügen, dass das nicht zu vergleichen ist mit Europa, sagen wir,
mit dem Mozarteum", erläutert Florez. "Das ist eine andere Welt. In
Peru hat kaum ein Student das Geld, um sich ein Instrument zu kaufen.
Und nach dem Studium gibt es kaum Arbeitsmöglichkeiten. Ein Land wie das
meine hat insgesamt nur zwei klassische Orchester. Die Opernsaisonen
sind limitiert, und das klassische Musikleben ist nicht sehr reich. Das
gilt auch für ein Land wie Argentinien, wo die Verhältnisse besser
sind."

Die klassische Musik als isoliertes Phänomen in einem unterentwickelten
Umfeld: Woher kommen da die Impulse für einen jungen Menschen, sich für
die Oper zu interessen? Sie kommen aus dem Leben der Individuen selbst.

Peruanische Musik ist sehr melodiös

"In meinem Fall hat die peruanische Musik eine wichtige Rolle gespielt.
Ich meine damit nicht die indianische Musik, die man in Europa kennt,
sondern die spanisch beeinflusste Musik, die man vielleicht am besten
mit dem italienischen Begriff ,liscio' assoziieren kann, also keine
harte Rock-Musik, sondern eine, für die der Walzer und die Lieder und
Tänze Lateinamerikas wie Tangos, Boleros etc. die Grundlage bilden.
Diese Musik ist sehr melodiös, sehr gesanglich. Ich habe daher den
Wechsel zur Oper nie als einen großen Schritt in eine neue Richtung
empfunden. Bei uns ist das so: Wenn einer eine schöne Stimme hat,
beginnt er zu singen. Und wenn er seine Technik verbessern will, sucht
er sich einen Lehrer. Und vielleicht sagt irgendwann einer zu ihm: Du
könntest doch glatt Oper singen. Dann versucht er's." Danach bleiben die
meisten stecken. Man müsse, sagt Flo`rez, nach Amerika oder Europa
gehen, um sich weiter zu entwickeln und Leute kennen zu lernen, die
einem weiterhelfen. Er ging nach Amerika, traf dort 1995 in einer Summer
school in Kalifornien auf Marilyn Horne und wurde so zu einem Vorsingen
in New York eingeladen. Die zweite entscheidende Begegnung war die mit
dem peruanischen Rossini-Tenor Ernesto Palacio, der ihn einlud, in
Italien Stunden zu nehmen.

Darum also die Vorliebe zu Rossini? "Rossini hat mir immer gefallen. Die
erste Oper, die ich gehört habe, war ein Filmmitschnitt des ,Barbier von
Sevilla' mit Luigi Alva. Außerdem hat diese Musik zu meiner Stimme
gepasst." Also wird er auch im Umfeld von Rossini bleiben, "ich werde
viel Donizetti und Bellini singen".

Natürlich hat er auch schon Mozart-Angebote erhalten. "Das interessiert
mich sehr, aber es gibt nicht viele Mozart-Rollen, für die meine Stimme
geeignet ist. Die Opern, die man mir anbietet, sind im Augenblick für
mich stimmlich interessanter. Der Mozart-Tenor ist immer Teil eines
Ensembles. Der Rossini-Tenor steht im Mittelpunkt."

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This page was last updated on: August 27, 2002

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